Fakten

Die Genitalbeschneidung bei Mädchen und Frauen ist ein schwerer körperlicher Eingriff, mittels dessen die äußeren Geschlechtsteile ganz oder teilweise gewaltsam entfernt werden. Die Mädchen sind zum Zeitpunkt dieser Verstümmelung bzw. Beschneidung oft noch im Kindesalter. Im internationalen Umfeld hat sich die englische Bezeichnung Female Genital Mutilation/Cutting oder kurz FGM/C durchgesetzt.

Die Beschneidung wird oft ohne Betäubung mit einem verfügbaren Schneidwerkzeug (das kann auch ein rostiges Messer, eine Rasierklinge oder etwas Ähnliches sein) von einer Person ohne medizinische Ausbildung durchgeführt. Im Allgemeinen werden dabei Teile der Schamlippen und der Klitoris des Mädchens entfernt. In der extremsten Form wird die Wunde anschließend mit Dornen oder Schnüren zusammengenäht und nur eine kleine Öffnung für Menstruationsblut und Urin offengelassen. Für den Geschlechtsverkehr oder für eine Geburt wird die junge Frau wieder aufgeschnitten und die Wunde danach erneut zusammengenäht.

„Ich habe sieben meiner neun Kinder während der Geburt verloren.
Denn das Narbengewebe, das das mir gewachsen war, war nicht elastisch genug. Alle sieben erstickten in meinem Schoß.“

Tadeletch Shanko, Äthiopien

Eine solche Verstümmelung/Beschneidung bietet keine gesundheitlichen Vorteile. Im Gegenteil: Der Eingriff birgt hohe gesundheitliche Risiken und kann im schlimmsten Fall tödlich enden. Auch danach kann es zu anhaltenden Problemen beim Wasserlassen, zu starken Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, zu Komplikationen bei Monatsblutungen und bei Geburten und zu einer höheren Säuglingssterblichkeit kommen. Die bleibenden psychologischen und sozialen Folgeschäden für die Betroffenen sind nicht meßbar.

Insbesondere in Asien, aber auch zunehmend weltweit hat Orchid Project durch eigene Erhebungen eine Verschiebung hin zu einer sogenannten „medicalisation“ des Verfahrens festgestellt. Das bedeutet, dass die Genitalverstümmelung/-beschneidung von einer medizinischen Fachkraft an den Mädchen durchgeführt wird, sei es eine Hebamme, ein Arzt oder eine Krankenschwester. Es handelt sich dabei also um Personen, deren Aufgabe es ist, die Gesundheit und die Rechte von Frauen und Mädchen zu schützen, die stattdessen aber Schaden anrichten.

 

Die Vereinten Nationen haben die Verstümmelung/Beschneidung von Mädchen und Frauen zu einer Verletzung der Menschenrechte sowie der besonderen Rechte von Frauen und Kindern erklärt. Es handelt sich bei der Genitalbeschneidung von Frauen um eine gesellschaftliche Konvention und Tradition, die keine Wurzeln in einer bestimmten Religion oder Weltanschauung hat. Sie gilt in manchen Gesellschaften als notwendiger Teil der Erziehung eines Mädchens und als Vorbereitung auf das Erwachsensein, die ihm eine gute Ehe sichert. Ein beschnittenes Mädchen wird demnach heiraten, ein unbeschnittenes Mädchen nicht. Praktiziert wird die Beschneidung von Frauen schon sehr lange, länger als es organisierte Religionen gibt.

Aufgrund von gesellschaftlichen Normen stehen Eltern unter Druck, ihre Töchter dieser hochgefährlichen Praxis auszusetzen. Genitalverstümmelungen/-beschneidungen bei Frauen werden in 28 afrikanischen Ländern, einigen Ländern des Nahen Ostens und Asiens sowie in Exilbevölkerungen auf der ganzen Welt durchgeführt. Allein in Afrika werden jedes Jahr ca. drei Millionen Mädchen beschnitten. Bis zu 200 Millionen Frauen auf der Welt müssen gegenwärtig mit den Folgen ihrer Beschneidung leben.

Es gibt aber Hoffnung! Eine Welt ohne Beschneidungen von Mädchen und Frauen ist möglich. Wenn wir sichtbar machen können, dass wir gezielt darauf hinarbeiten, können wir schon bis zum Jahr 2030 eine deutliche Reduzierung der Anzahl der Betroffenen erreichen.

„Mit relativ wenig Geld ist es möglich, weltweit große Anstrengungen zu unternehmen, um die Beschneidung
von Mädchen zu reduzieren. Wir wissen, wie es geht, aber wir brauchen Hilfe,
um die Veränderungen umzusetzen.“

Nafy Diop, Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen

Die Erfahrung hat uns gelehrt, wie solche Veränderungen an der Basis stattfinden: Sobald eine ganze Gemeinschaft ihre grundlegenden Menschenrechte kennt und durch Aufklärung den Schaden versteht, den die Genitalverstümmelung/-beschneidung bei ihren Mädchen und Frauen verursacht, werden sich viele solche Gemeinschaften dafür entscheiden, diese Praxis abzuschaffen.

Dieser Prozess des sozialen Wandels breitet sich gegenwärtig in Westafrika bereits aus und hat in den letzten fünf Jahre dazu geführt, dass mehr als 7.200 Gemeinden beschlossen haben, mit der Beschneidung ihrer Töchter, ihrer Mädchen und Frauen aufzuhören. Diesen Wandel herbeizuführen und zu unterstützen ist eine hochwirksame Möglichkeit, die Genitalverstümmelung/-beschneidung bei Frauen zu beenden.

Dennoch bleibt im Moment FGM/C eines der am stärksten tabuisierten, am tiefsten verborgenen und wenig priorisierten und politisch repräsentierten Themen.

Wir müssen deshalb handeln:

  • Sensibilisierung für dieses drängende Menschenrechtsproblem
  • Breite Kommunikation der Chance, FGM/C jetzt abzuschaffen
  • Einwirkung auf Regierungen, internationale Organisationen, einflussreiche Einzelpersonen und andere Akteure, dafür Ressourcen bereitzustellen
  • Persönliche Spende als eigener Beitrag zum Kampf von Orchid Project Germany gegen FGM/C aus Deutschland heraus.
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